Die Klageparteien betreiben für die Nutzer kostenlose Internetseiten mit journalistischen Inhalten. Diesen Onlineauftritt finanzieren sie durch Werbung. Die Beklagte vertreibt seit 2011 eine für den Nutzer unentgeltliche Open Source-Software, die der Unterdrückung von Werbeeinblendungen beim Aufruf einer Internetseite dient. Dabei besitzt das Programm der Beklagten selbst keine eigene Filter-Funktionalität, sondern muss mit Vorgaben ergänzt werden, welche Inhalte blockiert werden sollen. Diese sind in sogenannten Filterlisten („Blacklists“) enthalten, die dem Nutzer standardmäßig vorgeschlagen werden. Die Software der Beklagten ist nach dem Download so voreingestellt, dass nach ihren Kriterien („Whitelist“) als nicht störend eingestufte Werbung angezeigt werden kann. Jeder Webseitenbetreiber hat die Möglichkeit, am „Whitelisting“ der Beklagten teilzunehmen und seine Seiten von ihr freischalten zu lassen. Von Betreibern größerer Webseiten verlangt die Beklagte dafür eine Lizenzzahlung. Die Kläger haben in den Verfahren die Ansicht vertreten, dass der Einsatz der Software zu massiven Umsatzeinbußen führt, sie gezielt behindert und unlauter Druck auf sie ausübt, mit der Beklagten eine kostenpflichtige Vereinbarung über eine „Freischaltung“ von Werbeinhalten abzuschließen. Das LG hat die Klagen, mit denen die Klageparteien wettbewerbs- und kartellrechtliche sowie urheberrechtliche Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzfeststellungsansprüche geltend gemacht haben, abgewiesen.

Das OLG hat die Berufungen zurückgewiesen. Es hat die Auffassung des LG bestätigt, dass eine gezielte Behinderung nicht vorliegt. Darüber hinaus hat es das Geschäftsmodell der Beklagten nicht als verbotene aggressive Werbung qualifiziert. Ein kartellrechtliches Verbot wurde nicht verhängt, weil die Beklagte nicht über eine marktbeherrschende Stellung auf dem Markt des Zugangs zu allen Internetnutzern für Werbung verfügt. Die von einer der Klägerinnen geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche scheitern daran, dass die Verwendung von Werbeblockern durch die Nutzer nicht rechtswidrig ist. Denn, indem die Klägerin den Nutzern den ungehinderten Zugang zu ihrem Internetauftritt bei Nutzung des Werbeblockers eröffnet lässt und lediglich die Bitte geäußert hat, auf die Verwendung von Werbeblockern zu verzichten, liegt aus der Sicht der Nutzer eine (schlichte) Einwilligung vor. Wegen einer abweichenden Entscheidung des OLG Köln zu den wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen wurde insoweit die Revision zugelassen. (OLG München, Urt. v. 17.08.2017 – 29 U 1917/16, U 2184/15 Kart, U 2225/15 Kart – nrkr)

Fazit: Ein Anbieter, der Open Source-Software anbietet, die Werbung auf Websites unterdrückt, verstößt nicht gegen wettbewerbs- und kartellrechtliche sowie urheberrechtliche Vorschriften.

Referat Urheberrecht

08.09.2017

Hans Herbert Coen
Rechtsanwalt

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