Das Bundesarbeitsgericht (BAG) war der Ansicht, der Urlaubsanspruch sei verfallen, da der Kläger die 51 Urlaubstage nicht einmal beantragt hatte. Das BAG legte dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage vor, ob das deutsche Urlaubsrecht in diesem Punkt mit der europäischen Arbeitszeit-Richtlinie 2003/88/EG vereinbar ist. Denn Artikel 7 der Richtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaaten dafür zu sorgen, dass der Arbeitgeber zumindest den bezahlten Mindesturlaub (vier Wochen im Jahr) sicher nehmen kann.

Der EuGH sieht in dieser Frage den -privaten oder öffentlichen- Arbeitgeber in der Pflicht. Dieser müsse seine Beschäftigten in die Lage versetzen, tatsächlich in den Genuss ihres Urlaubs zu kommen. Dafür müsse der Arbeitgeber alle erforderlichen Anstrengungen unternehmen. Er müsse seine Beschäftigten klar, eindeutig und direkt auf ihren Einzelfall bezogen darauf hinzuweisen, dass der Urlaub verfällt, wenn er nicht rechtzeitig genommen wird (EuGH 6.11.2018 – Rs. C-684/16).

Das BAG hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen, den Fall allerdings erneut an das Landesarbeitsgericht (LAG) München verwiesen.

Der Arbeitgeber sei nach den vom EuGH getroffenen Vorgaben nicht gezwungen, dem Arbeitnehmer Urlaub zu gewähren, den dieser nicht beantragt hat. Er muss die Beschäftigten allerdings »klar und rechtzeitig« auf nicht genommenen Urlaub und das Verfallrisiko hinweisen.

Bei einer richtlinienkonformen Auslegung von § 7 BUrlG könne Urlaub nur dann verfallen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub anderenfalls verfällt.

BAG (19.02.2019); Az.: 9 AZR 541/15

26.2.2019

Referat Arbeitsrecht

Uwe Karsten
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht

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