Urteil des BGH vom 20.01.2016 – VIII ZR 93/15

Nach der bisherigen Judikatur des Bundesgerichtshofs, begründet mit Urteil vom 14.02.2007 – VIII ZR 1/06 – war der Vermieter bei Erteilung einer Betriebskostenabrechnung verpflichtet, Vorwegabzüge bei betroffenen Kostenpositionen in der Abrechnung offen zu legen. Eine solche vom Vermieter vorweggenommene Bereinigung der umzulegenden Kosten wurde beispielsweise dann durchgeführt, wenn in der betroffenen Kostengruppe nichtumlagefähige Bestandteile enthalten waren (bspw. Hauswart) oder mehrere Gebäude in einer Kostenposition zusammengefasst gewesen wären und hier, dem Gebot der Umlagegerechtigkeit folgend, die Kosten auf ein einzelnes Gebäude herunter gerechnet wurden (bspw. Treppenhausreinigung).

Bislang musste diese rechnerische Bereinigung in der Abrechnung offen gelegt und erläutert werden, ansonsten war die betroffene Position nach Ansicht des BGH formell unwirksam abgerechnet mit der Folge des entsprechenden Forderungsausfalls beim Vermieter, da dann eine Korrektur nach Ablauf der Abrechnungsfrist von 12 Monaten nach Ende des Abrechnungszeitraums nicht mehr möglich war.

Diese Rechtsprechung hat der BGH ausdrücklich aufgegeben. Für die formelle Wirksamkeit genügt es für die Angabe der Gesamtkosten, wenn der Vermieter den Gesamtbetrag angibt, den er auf die Mieter umlegt, auch wenn er diesen Betrag vorab bereinigt hat. Die ursprüngliche Rechtsprechung füge sich nicht mehr in die vom Senat inzwischen weiterentwickelten rechtlichen Maßstäbe zur Bestimmung der Mindestanforderungen einer formell ordnungsgemäßen Betriebskostenabrechnung ein, an diese dürften nämlich keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Im Übrigen könne der Mieter ohnehin aus der Abrechnung regelmäßig nicht alle Rechenschritte ablesen, die zu ihrer Erstellung notwendig sind. Typischerweise gehe es dem Mieter ja vor allem darum, dass die entstandenen Kosten übersichtlich zusammengestellt seien und dass er erfahre, mit welchem Umlageschlüssel der auf ihn entfallende Kostenanteil ermittelt wurde und welche Beträge im Abrechnungsjahr auf ihn entfallen. Folgerichtig sei die Frage, ob der Vermieter den Gesamtbetrag, den er umlegt, richtig ermittelt hat, eine solche der materiellen Richtigkeit. Diese kann der Mieter ohnehin nur durch eine Belegeinsicht prüfen.

Die Entscheidung sorgt erfreulicherweise für Rechtssicherheit. Der Mieter als Adressat einer Betriebskostenabrechnung wird zukünftig nur noch in extremen Ausnahmefällen die zeitaufwendige Belegeinsicht umgehen können, wenn er substantielle Einwände gegen die Abrechnung erheben will. Der Vermieter wiederum kann die nachträgliche Erläuterung der betroffenen Kostenposition ohne den Zeitdruck der Abrechnungsfrist durchführen, da für die Nachlieferung notwendiger Informationen zum Verständnis der Kostenposition die Frist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht gilt.

Rechtsanwalt Michael Weßner
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht

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