BAG (19.02.2019)
Aktenzeichen 9 AZR 541/15

2018 stellte der Europäische Gerichtshof (EuGH) fest, dass noch offene Urlaubsansprüche nicht mehr automatisch zum Ende des Kalenderjahres bzw. des Arbeitsverhältnisses verfallen dürfte (EuGH 6.11.2018  C-684/16). Die Entscheidung erging aufgrund einer Anfrage des Bundesarbeitsgerichts (BAG).

Das BAG hat dieses Urteil umgesetzt und entschieden, dass Urlaub nicht mehr automatisch am Jahresende verfällt, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht beantragt hat. Ein Verfall des Urlaubs kommt erst in Betracht, wenn der Arbeitgeber ihn ausdrücklich aufgefordert hat, seinen Urlaub zu nehmen (BAG 19.2.2019  – 9 AZR 541/15). Die jetzt veröffentlichte Urteilsbegründung liefert wichtige Hinweise, wie genau der Arbeitgeber zu belehren hat.

Der Arbeitgeber muss jeden Arbeitnehmer:

  • informieren, wie viele Arbeitstage Urlaub ihm insgesamt pro Jahr zustehen;
  • auffordern, seinen Urlaub so rechtzeitig zu beantragen, dass er innerhalb des laufenden Urlaubsjahres genommen werden kann;
  • über die Folge belehren, dass der Urlaub verfällt, wenn er diesen nicht entsprechend der Aufforderung beantragt.

Hierbei sollte der Arbeitgeber darauf hinweisen, dass der Urlaub grundsätzlich am Ende des Kalenderjahres verfällt, wenn der Mitarbeiter in der Lage war, seinen Urlaub im Kalenderjahr zu nehmen, ihn aber nicht beantragt hat.

Kommt es zum Streit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, ist der Arbeitgeber in der »Beweislast«. Das heißt: er muss darlegen und beweisen, dass er seine Pflichten (siehe die Punkte oben) erledigt hat.

Das BAG betont ausdrücklich, dass jeder Arbeitnehmer individuell zu informieren ist. Das kann ein gesondertes Anschreiben sein, allerdings genauso das Nutzen der bestehenden Informationskanäle. Ein entsprechender Hinweis könnte etwa in die monatliche Gehaltsabrechnung eingefügt werden. Dieser sollte sich jedoch optisch deutlich abheben.

Als möglichen Belehrungszeitpunkt nennt das BAG den Jahresbeginn. Dies ist zwar nicht zwingend, bietet sich zur Vereinfachung der Prüfung des jeweiligen Urlaubsanspruchs jedoch an. Zudem ist dies die sicherste Variante, um zu gewährleisten, dass jeder Mitarbeiter tatsächlich die Möglichkeit bekommt, seinen Urlaub rechtzeitig innerhalb des Urlaubsjahres zu nehmen.

Das BAG hält eine ständige Aktualisierung der Mitteilung, etwa anlässlich jeder Änderung des Umfangs des Urlaubsanspruchs, nicht für erforderlich. Damit ist grundsätzlich eine jährlich einmalig erfolgende Belehrung ausreichend.

In der Praxis geben viele Betriebe den Beschäftigten aber regelmäßig, z. B. zweimal im Jahr, eine schriftliche Information über ihren individuellen Urlaubsanspruch (verbrauchte/offene/festgelegte Urlaubstage) mit der Weisung, diese unterschrieben der Personalabteilung zurückzugeben.

26.11.2019

Referat Arbeitsrecht

Uwe Karsten
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Referat Vereinsrecht und Datenschutz

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