Überblick

Am 21.3.2019 hat der Bundestag das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen beschlossen und damit die EU-Geschäftsgeheimnis Richtlinie 2016/943 umgesetzt. Das Gesetz ist am Tag nach seiner Verkündung am 26.4.2019 in Kraft getreten.

Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen im deutschen Recht ändert sich damit grundlegend. An die Stelle der bisherigen §§ 17-19 UWG tritt ein Spezialgesetz, das den Begriff des Geschäftsgeheimnisses definiert, Verletzungshandlungen und Schranken bestimmt, eigene Ansprüche vorsieht und das Verfahren in Geschäftsgeheimnisstreitsachen regelt.

Geschützt sein können technisches Know-how, etwa Verfahren, Konstruktionspläne, Algorithmen, Prototypen oder Rezepturen, aber auch geschäftliche Informationen wie Kundenlisten, Businesspläne oder Werbestrategien. Anders als das bisherige Recht verlangt § 2 Nr. 1 GeschGehG nicht ausdrücklich einen Unternehmensbezug.

Die Information muss geheim sein, sie darf also weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich sein. Die Information muss wegen ihrer nicht-offenkundig Guide über wirtschaftlichen Wert verfügen. Belanglose Informationen werden nicht geschützt.

Nach § 2 Nr. 1 b GeschGehG, demzufolge die Information Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber geschützt sein muss, löst neue Verpflichtungen des Arbeitgebers bzw. des Geschäftsinhabers aus.

  1. Die Informationen müssen einzeln oder in ihrer Gesamtheit als vertraulich gekennzeichnet werden.
  2. Es sollten Pflichten zur Vertraulichkeit ausdrücklich vertraglich geregelt werden. Dies geht über die Verschwiegenheitsklausel im Arbeitsvertrag hinaus.
  3. Mitarbeiter sollten nur Zugang zu denjenigen vertraulichen Informationen erhalten, die sie für ihre Arbeit benötigen.
  4. Es sind technische Schutzmaßnahmen erforderlich, die von einem einfachen Passwortschutz über Firewalls bis hin zu komplexen Sicherheitssystemen reichen können.
  5. Es wird sich jedes Unternehmen Gedanken darübermachen müssen, ob in welchem Ausmaß Arbeitnehmer die Möglichkeit und die Befugnis erhalten sollen, betriebliche Informationen auf eigenen Datenträgern zu speichern oder über privat zugängliche Kommunikationsmittel zu versenden dies gilt insbesondere für Mitarbeiter im Home-Office.

Überraschend hat der Bundestag auf Empfehlung des Rechtsausschusses der Definition des Geschäftsgeheimnisses neben den vorgenannten Anforderungen noch eine dritte, in der Richtlinie nicht vorgesehene Voraussetzung, hinzugefügt. Es muss ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung bestehen. Gemeint sind hier legitime Interessen des Geheimnisinhabers.

Dieser Zusatz wird in der Praxis sehr große Schwierigkeiten bereiten, man denke nur an den investigativen Journalismus.

Rechtliche Folgen sind in den §§ 6-10 des GeschäftGehG ausgestaltet. Sie stellen die Grundlage für Unterlassung und Beseitigungsansprüche, Auskunftsansprüche und Schadensersatzansprüche dar.

Bedeutung im Individualarbeitsrecht

  • 2 Nr. 1b GeschGehG setzt voraus, dass der Geheimnisinhaber angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen trifft. In der Praxis bieten sich eine Vielzahl technischer, organisatorischer und rechtlicher Maßnahmen an, um der Vorschrift gerecht zu werden. Für den Personal-und Compliance-Bereich kann man an Schulungen, Weisungen an Arbeitnehmer, Berechtigungskonzepte denken. Ausdrückliche Bestimmungen über die im Arbeitsvertrag üblicherweise enthaltenen allgemeinen Geheimhaltungsregelungen hinaus sind sinnvoll, wenn Arbeitnehmer Zugriff auf schutzbedürftige Informationen erhalten. Dies gilt insbesondere für vertrauliche Projekte oder Entwicklungen.

Zur Schaffung eines Geheimhaltungskonzeptes können weitere Schutzmöglichkeiten wie etwa die Einrichtung von Codes, Passwörtern oder andere Mechanismen für bestimmte Mitarbeiter, Abteilungen oder Informationstypen festgelegt werden. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote können dabei insofern ergänzend helfen, als der Abschluss eines solchen nach § 74 Abs. 2 HGB karenzentschädigungspflichtigen Verbots belegt, dass ein bestimmter Mitarbeiter als besonders sensibel eingestuft wird, d. h., dass einiges dafürspricht, dass die ihm zugänglichen Informationen als geheimhaltungsbedürftig angesehen und das Verbot als angemessene Maßnahme angesehen werden kann.

Nahezu alle Arbeits-und Aufhebungsverträge enthalten Regelungen über den Schutz von Betriebs-und Geschäftsgeheimnissen; üblicherweise sind diese als Verbot der Weitergabe bzw. der Nutzung über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus ausgestaltet. In Arbeitsverträgen sollte ausdrücklich vereinbart werden, dass bestimmte Informationen nicht weitergegeben oder veröffentlicht werden dürfen, obwohl sie die übrigen Anforderungen an ein Geschäftsgeheimnis im Sinne des § 2 GeschGehG nicht erfüllen. Es spricht nichts dagegen, in einzelnen Arbeitsverträgen über das Geschäftsgeheimnisgesetz hinausgehende Pflichten festzulegen.

  • 5 GeschGehG dürfte erhebliche Auswirkungen haben, denn diese Vorschrift soll dem bereits besonders brisanten Whistle-Blower Schutz dienen. Die Regelungssystematik dieser Vorschrift ist unklar es ist die Frage aufgeworfen, ob ausschließlich eine Ausnahme in Bezug auf die im Geschäftsgeheimnisgesetz geregelten rechts Beihilfe vorhanden sind oder ob sich die Vorschrift auch zur Verteidigung gegen arbeitsrechtliche Sanktionen außerhalb des Geschäftsgeheimnisgesetzes heranziehen lassen. Hierbleibt die Rechtsprechung abzuwarten.

Bedeutung im Kollektivarbeitsrecht

für die Gestaltung von Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen ergeben sich aus dem neuen Gesetz keine grundlegenden Änderungen. Es soll die Autonomie der Sozialpartner und das Recht, Kollektivverträge nach den bestehenden Vorschriften abzuschließen von dem neuen Gesetz unberührt bleiben. Es stellt sich lediglich die Frage, inwieweit durch Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge vom Geschäftsgeheimnisgesetz abgewichen werden darf. § 1 Abs. 3 Nr. 3 GeschGehG deutet eine weit reichende Befugnis zugunsten der Parteien von Kollektivvereinbarungen an, über die Vorschriften des Geschäftsgeheimnisgesetzes zu disponieren.

Fazit

das Geschäftsgeheimnisgesetz enthält nur wenige arbeitsrechtliche Regelungen, und die, die man findet, sind schlecht gemacht. Dies ist bedauerlich, da dies sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer und ihre Vertretungen zu Unwägbarkeiten führt. Umso größer dürfte die Bedeutung von Unternehmens-oder konzernweiten Know-how Schutzkonzepten werden, die zwischen allen Beteiligten abgestimmt werden und maßgeschneiderte Konkretisierungen insbesondere für diejenigen Bereiche enthalten sollten, die der Gesetzgeber nur unzureichend regeln konnte.

Gern beraten wir sie in Ihrem Unternehmen bei Ihren Überlegungen.

Mit freundlichen Grüßen

Uwe Karsten
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht

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