Gehen Arbeitnehmer in Elternzeit, darf der Arbeitgeber den Erholungsurlaub für jeden vollen Monat der Elternzeit zwar kürzen. Auf die Urlaubsabgeltung ist dieser Grundsatz aber nicht übertragbar. So hat es das Bundesarbeitsgericht entschieden (BAG, 19.5.2015, Az.: 9 AZR 725/13).
Das war im dem Fall geschehen: Die Beschäftigte eines Seniorenheims hatte bei einer 5-Tage-Woche im Kalenderjahr 36 Urlaubstage. Nach der Geburt ihres Sohnes befand sie sich ab Mitte Februar 2011 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 15.05.2012 in Elternzeit. Sie verlangte noch im Mai 2012 von Ihrer ehemaligen Arbeitgeberin die Abrechnung und Abgeltung ihrer Urlaubsansprüche aus den Jahren 2010 bis 2012. Diese erklärte jedoch im September 2012 die Kürzung des Erholungsurlaubs der Arbeitnehmerin wegen der Elternzeit. Diese Kürzung reduzierte nach ihrer Ansicht natürlich auch etwaige Urlaubsabgeltungsansprüche.
Das BAG stand auf Seiten der Arbeitnehmerin. Ihr stand die geforderte Urlaubsabgeltung zu. Die Arbeitgeberin sei nicht berechtigt gewesen, nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Mai 2012 mit ihrer Kürzungserklärung im September 2012 den Anspruch der Arbeitnehmerin auf Erholungsurlaub wegen der Elternzeit zu verringern.
Die Urlaubsabgeltung sei kein Surrogat des Urlaubs, sondern ein reiner Geldanspruch. Sei der Abgeltungsanspruch erst mal entstanden, bilde er einen Teil des Vermögens des Arbeitnehmers, unterscheide sich in rechtlicher Hinsicht nicht von anderen Zahlungsansprüchen des Arbeitnehmers und könne nachträglich nicht mehr gekürzt werden.
Der Arbeitgeber musste also den gesamten Jahresurlaub für 2011 und die erworbenen Urlaubstage aus 2012, insgesamt also 51 Tage (anstatt 9 Tage bei Kürzung), abgelten.
Wie hoch der Abgeltungsanspruch aus 2010 noch war, geht aus dem Urteil nicht hervor. Dieser war aber ebenfalls noch nicht verfallen, denn: Hat der Arbeitnehmer bei Antritt der Elternzeit den Urlaub aus dem aktuellen oder dem Vorjahr noch nicht vollständig genommen, kann er ihn in das Jahr übertragen, in dem die Elternzeit endet, sowie in das darauffolgende Jahr.
Empfehlung: Kürzen Sie den Urlaub mit Beginn der Elternzeit – und nicht erst nach der Elternzeit. Denn das Gesetz sieht keine automatsche Kürzung des Urlaubs während der Elternzeit vor!
19.2.2018
Referat Arbeitsrecht
Uwe Karsten
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht