Der am 1957 geborene Kläger war von 1973 bis zum 2005 bei der Firma, der Beklagten zu 2, beschäftigt. Mit seinem Ausscheiden hatte er eine Anwartschaft auf Betriebsrente gegenüber der Pensionskasse der Firma (Beklagte zu 2) und gegenüber der Firma erworben. Auf seinen Antrag und nachfolgenden Widerspruch bewilligte die Deutsche Rentenversicherung dem Kläger mit Bescheid vom 03.11.2015 rückwirkend zum 01.02.2013 eine gesetzliche Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Am 23.11.2015 beantragte der Kläger bei der Pensionskasse und der Firma Betriebsrente. Diese wurden ihm ab dem 01.11.2015 mit 540,80 € brutto monatlich (Pensionskassenrente) und 119,32 € brutto monatlich (Firmenleistung) bewilligt. Eine rückwirkende Leistung lehnten die Beklagten ab.
Auf seine Klage hin hat das LAG dem Kläger rückwirkend für die Zeit vom 01.02.2013 bis zum 31.10.2015 insgesamt 21.783,96 € brutto an Betriebsrente (33 x 540,80 € + 33 x 119,32 €) zugesprochen. Grundsätzlich sei es zwar zulässig, bei vorzeitig ausgeschiedenen Mitarbeitern für die Gewährung der Betriebsrente ein Antragserfordernis vorzusehen. Die Regelungen in § 5 Nrn. 3 und 4 Satz 2 zweiter Spiegelstrich AVB, wonach bei der Antragstellung Nachweise vorzulegen sind und zugleich die Betriebsrente erst ab dem Monat der Antragstellung gezahlt werde, benachteiligen die Arbeitnehmer indes unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Formulierung von § 5 Nr. 3 AVB als Mussvorschrift schließt eine Antragstellung ohne Nachweise aus. Dies ist unangemessen. So besteht selbst dann kein Anspruch auf Betriebsrente wegen Erwerbsminderung, wenn der Rentenversicherungsträger und/oder ein Amts- bzw. Werksarzt zunächst zu Unrecht das Vorliegen einer Erwerbsminderung verneint haben. Der Beginn der Bezugsberechtigung wird damit davon abhängig gemacht, wie zügig und sorgfältig ein Sachbearbeiter bei der Rentenversicherung bzw. ein Amts- oder Werksarzt im konkreten Fall arbeitet. Diesem Nachteil stehen keine schützenswerten Interessen der Pensionskasse entgegen. Zwar hat die Pensionskasse ein berechtigtes Interesse daran, nur bei nachgewiesener Erwerbsminderung Leistungen zu erbringen. Ausreichend ist es aber, ein Antragserfordernis vorzusehen, ohne dies zugleich mit der Vorlage von Nachweisen zu verbinden. Ab dem Zeitpunkt des einfachen Antrags können Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten gebildet werden. Aufgrund der unangemessenen Benachteiligung i. S. v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind § 5 Nrn. 3 und 4 Satz 2 zweiter Spiegelstrich AVB – jedenfalls bezogen auf die Erwerbsminderungsrente – unwirksam. Der Kläger konnte die Betriebsrente rückwirkend verlangen. Für die Firmenleistung galt nichts anderes. Das LAG hat die Revision zugelassen. (LAG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2017 – 6 Sa 983/16)
Fazit: Eine Betriebsrente ist wegen Erwerbsminderung rückwirkend zu gewähren. Eine entgegenstehende Bestimmung in den AVB einer Pensionskasse, die eine Antragstellung unter Vorlage von Nachweisen verlangt und zugleich die Betriebsrente erst ab dem Monat der Antragstellung gewährt, ist unwirksam.
11.04.2018
Referat Arbeitsrecht
Uwe Karsten
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht